Es war einmal vor langer Zeit ein Regent im fernen Karakilien, der sich seine Heimat ansah und fand, es gehe ungerecht zu. Es gäbe eine zu große Kluft zwischen armen und reichen Menschen, zwischen Grundbesitzern und Besitzlosen: den Kavalieren und den Rundköpfen in der dortigen Sprache (1: siehe unten). Also nahm er Land von den Reichen und vergab es an die Armen. Zudem legte er ein Gesetz fest nach dem Besitzlose mehr Rechte haben sollten.
Damit sein Gesetz Halt hatte, beschloss er länger in seinem Amt als Regent zu bleiben, als es in Karakilien erlaubt war. Doch Karakiliens Rechtssystem stand fest wie ein Fels, und so wurde der Regent auf Befehl des Fürsten, der über ihm stand, erschlagen.
Der Bruder des Regenten wollte das Werk fortsetzen, und weil er aus den Fehlern des Regenten gelernt hatte, sammelte er Freunde unter den mächtigeren Kavalieren. Doch unter den Rundköpfen gab es viele, die seinen Versuch, den Menschen in entlegenen verbündeten Siedlungen die gleichen Rechte zu geben, wie den unmittelbaren eigenen Leuten, nicht guthießen, und so konnten die Fürsten auch ihn stürzen. Wenig später wütete ein Bürgerkrieg in Karakilien, dem vor allem Rundköpfe zum Opfer fielen. Zwar waren die Kavaliere Sieger, doch wie es das Schicksal wollte, sollten sie einen hohen Preis zu zahlen haben:
Zehn Jahre nach dem Tod der Brüder wurde Milo (2) zum Fürsten, der den Ideen, die mit den Brüdern zu Grabe getragen worden waren, nachtrauerte. Da er auch ein großer Krieger war, hatte er den Respekt des Volkes auf seiner Seite.
Nun muss man wissen dass es zwei große Strömungen gab in Karakilien. Zum einen die volksnahen Demotiken (3), zum anderen die adeligen Gennaioten(3). Wenig verwunderlich ist es nun, dass Milo zu den Demotiken zählte. Wie der Regent vor ihm, übte er sein Amt über Jahre aus -- was ebenso verboten war, wollte man doch eine Diktatur vermeiden. Doch wenn es schon nicht so leicht war sich eines Regenten zu entledigen, war das bei einem Fürsten noch viel schwerer. Und der Fürst war auch kein guter Herrscher. Das einst so verlässliche Recht wurde unter ihm wässrig, zu einer Möglichkeit die nur genutzt wurde wenn es nützte.
Auch setzte er die Umverteilung des Landes fort. Jeder, der brav in Karakiliens Heer gedient hatte, bekam Land. Somit bekam das Militär immer mehr Einfluss, während der Rat, der das Land regierte und dem auch die Fürsten und Regenten angehörten, ihn mit jedem Hektar verlor.
Doch Milo war nicht der einzige Fürst im Lande. Ihm entgegen trat Arion (4) auf auf den Plan. Mit Waffengewalt eroberte er Karakilien zurück um die Demokratie wiederherzustellen, die zu ausgeklügelt, zu perfekt war um sie zu aufzugeben. Doch Arion musste in den Krieg ziehen, und so brauchte man einen neuen Fürsten an seiner Stelle.
So kam es, dass ein zweiter Demotike an Milos Seite trat. Gemeinsam rissen sie die Herrschaft wieder an sich und herrschten grausam und brutal.
Fünf Jahre nachdem er in den Krieg gezogen war, hatte Arion den Feind zur Flucht gezwungen und kehrte in seine Heimat zurück. Wie groß war da das Entsetzen, dass Milo nun die Menschen tyrannisierte! Arion packte die Wut, und er sagte: „Nun werde ich selbst alleine herrschen!“ So ließ er die Verbündeten Milos jagen und erschlagen. Und weil er ein guter Fürst war, trat er schließlich sein Amt freiwillig einem Nachfolger ab.
Es dauerte sehr lange bis was die beiden Brüder begonnen hatten so geregelt war, dass es den alten Gesetzen entsprach und sie nicht verletzte -- und das, ohne dass jemandem wieder etwas weggenommen wurde. Im Gegenteil, man bemühte sich eher, die Menschen zu entschädigen, die Land abgeben mussten. Das jedoch funktionierte nur so lange, wie in Karakilien Leute herrschten, die das Wohl der Gesellschaft über ihr eigenes stellten. Manche von ihnen gaben dafür ihr Leben. Doch schlussendlich gelang es einer verschworenen Gruppe von Demotiken, den Rat, der das Land über so lange Zeit gut geführt hatte, zu stürzen. Und von dem Moment an begann der Untergang, bis aus Karakilien schließlich ein gespaltenes, und dann ein verlorenes Reich wurde.
Will ich damit etwas sagen? Naja, sonst hätte ich mir den Blödsinn wohl erspart.
Vordergründig merke ich hier an dass die Geschichte nicht erfunden ist, nur vereinfacht. So etwas ist passiert, und wenn man sich so anhört was die „Demotiken“ in Wien so verzapfen, fallen einem (oder mir) Sätze ein, die vor so langer Zeit gesprochen wurden, dass es keine Tonbandaufnahmen gibt (Antiklimax?) sondern nur Ab- und Mitschriften in Kurzschrift. Gut, die kann heute kein Schwein mehr lesen, aber es gibt sie auch dechiffriert, und ganz so unbekannt sind sie nicht.
Ich beobachte hierbei, dass ich die beiden „Regenten“ heute mit ganz anderen Augen sehe als früher. Mein Gedanke spricht mit der Stimme einer fiktiven Figur: „Good effort. Execution needs a little work.“ Einfach: Die zwei haben es einfach in den Sand gesetzt, und das war damals nun mal tödlich. Übrigens bekamen die Bundesgenossen schließlich ihre Rechte, und zwar zur Zeit von Milo. Ironischerweise war der, wie schon zuvor die Demotiken, gar nicht dafür obwohl die Grundidee von einem kam auf dessen Seite er hätte sein sollen.
(Eine kleine Anmerkung: In meinem Text ist ein historischer Fehler, falls einer die Geschichte erkennt. Ich weiß das Milo, oder sein reales Pendant, bereits tot war als Arion zurückkam. Ich wollte es einfach halten, und welcher Name da steht ist letztendlich egal.)
Hintergründig sieht es etwas komplizierter aus.
Natürlich geht es heute nicht um gerechte Aufteilung des Landes. Wen kümmert es denn noch, wer Grundbesitzer ist und wer nicht? Worum es eher geht, ist die Aufteilung der Ressourcen -- im weitesten Sinne -- die bei uns wichtig sind. Und wenn nun gewisse Strömungen über diese Ressourcen verfügen wollen, und sie im eigenen Ermessen verteilen wollen, kann das bedenklich werden, heute ebenso wie damals -- auch wenn der Vergleich nur bedingt funktioniert weil die Politik damals völlig anders lief als heute, und man die beiden „Strömungen“ in keinster Weise mit irgendwelchen heutigen Parteien vergleichen kann
Meine Geschichte geht ja auf lange Sicht nicht gut aus. Die Brüder gewinnen ihren Bürgerkrieg, wenngleich sie es nicht mehr erleben. Doch ihr Sieg kostet mehr als der Pyrrhussieg der Kavaliere. Er kostet die Demokratie (schon gut, ich weiß … eigentlich eine Oligarchie, aber mit demokratischen Zügen), die durch eine Diktatur immer unzurechnungsfähiger werdender Alleinherrscher abgelöst wird, bis das ganze Konstrukt in sich zusammenfällt weil Wahnsinnige nun einmal schlechte Herrscher abgeben.
Um das ganze nun zu einem Ende zu bringen: Nach Milo gab es einen der besonders bemüht war einen Umsturz zu verursachen, was in einem ziemlich dreisten Mordversuch gipfelte. Es ist ihm nicht gelungen, und es ist auch schwer nachzuvollziehen was denn nun wirklich wie war, aber nehmen wir an es ist so wie der quasi einzige Beleg (der von allen späteren Historikern auch schon als Tatsache betrachtet wurde) es zeigt.
Die Plakate die Wien bis zur Wahl verunziert haben mit dem widerlichen Gfries (Verzeihung, alles Hochdeutsche wäre ein Euphemismus) von W.C. Strache, die ganzen Verhetzungen, die radikale Art und Weise, und wie sich das sorgfältig geschaffene Monster auf eine Anhängerschaft, die man dann gerne mitten in der U-Bahn verprügeln würde, überträgt, bringen Erinnerungen hoch. Ich meine, heute geht es in der Politik nicht so brutal zu wie früher, und es gibt auch keine Listen mit Namen von Leuten die man mit Feuereifer jagen und töten kann, und dafür auch noch belohnt wird. Die Zeiten haben sich eben geändert. Dennoch ist Opportunismus (und ob das nun den Mord am Schwager bedeutet, der einem befohlen wurde, oder das Aufschaukeln einer xenophoben Tendenz, die schon vorhanden ist, ist, bei aller Liebe und rein objektiv betrachtet, reine Anschauungssache) bestimmt kein schöner Zug für einen Politiker.
Langer Rede kurzer Sinn: Österreich hat einen Catilina, der zwar wie das Original nicht Konsul geworden ist, aber weiter im Senat sein darf. In diesem Sinne schließe ich mit entlehnten Worten, die vielleicht ein klein wenig drastisch sein mögen, aber dennoch meine Stimmung treffen:
O di immortales! ubinam gentium sumus? quam rem publicam habemus? in qua urbe vivimus? Hic, hic sunt in nostro numero, patres conscripti, in hoc orbis terrae sanctissimo gravissimoque consilio, qui de nostro omnium interitu, qui de huius urbis atque adeo de orbis terrarum exitio cogitent. Hos ego video consul et de re publica sententiam rogo, et quos ferro trucidari oportebat, eos nondum voce volnero!
(1) Man möge mir die Entlehnung aus der englischen Geschichte vergeben, ich habe eine Laryngitis und keine Lust mir etwas eigenes auszudenken.
(2) Nein, das ist keine Abkürzung sondern ein ausgeliehener Name. Der Arme hatte schon zu Lebzeiten Pech, jetzt hat er es noch einmal, weil er hier für eine ganz andere Person herhalten muss.
(3) Was für ein Kunstgriff, und das fast tot.
(4) Arion ist der wissenschaftliche Name von Nacktschnecken. Nein, das ist nicht böswillig. Irgendein Name musste her, und alles was mir sonst in den Sinn kam so ad hoc war schlimmer. Jetzt vorzutäuschen ich hätte an Dichter oder mythologische griechische Pferde gedacht glaubt mir eh keiner.
(Nachsatz: Eine Übersetzung findet man bestimmt wenn man einen Satz davon in Google kopiert, wer sie nicht braucht bekommt eine kleine imaginäre Blume von mir. Vielleicht entschlüssle ich die Namen dieser Tage noch, und es kommt auch noch ein längerer Text von mir nach -- vielleicht erst nächstes Wochenende, aber raus muss es.)
Ita est. Cogitamus, ergo sumus. Hoffentlich jedenfalls...*seufz*
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